Die wichtigsten Botschaften zum Corporate Media-Opening 2010
Die Zeiten letzter technologischer Medien-Innovationen, in denen Europa und Deutschland vorkamen, verbinden sich mit den Techniken (analoges) HDTV und MP3. Vor deutlich über 20 Jahren war das International TV Symposium in Montreux noch die erste Adresse und der erste Umschlagsplatz für solche medientechnischen Innovationen. Zu sagen hatten damals Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Japan, abgeschlagen die Vereinigten Staaten, mit Ampex immerhin vorneweg. China und Nachbarländer?: Gab’s nicht. AOL, Apple, Google, Microsoft oder Yahoo waren bestenfalls marginale Start-Unternehmen. Die 29. Fachtagung Medientrends – Medienkompetenz, gleichzeitig die Opening-Veranstaltung des Meisterwettbewerbes „Corporate Media“, diskutierte mit wacher Expertenrunde die zukunftsweisenden Veränderungen in der Medien- und Informationsgesellschaft. Apple, Google, Microsoft und Co. bestimmen zwar derzeit noch die öffentliche Diskussion, technologisch gehör(t)en sie keineswegs mehr zu den Leadern. Gegen menschheitskontrollierende Machtansprüche mittels informatorischer Erfassung aller unserer wirtschaftlichen, persönlichen und geografischen Daten, Beziehungen, Präferenzen, Abhängigkeiten und Schwächen als „neues globales Geschäftsmodell“ gibt es immerhin erste Versuche von Medienkompetenz – und Verweigerung. Das Wissen um solche Optionen und innovativen Lösungen: nur bei Corporate Media werden sie präsentiert, kontrolliert und unabhängig bewertet. Die nachstehenden Kurzauszüge der Medienexperten-Statements beinhalten auch gemeinsame Diskussionsergebnisse.
Medienexperte Rolf G. Lehmann, FdM und Medienreport, zur Medien- und Informationsgesellschaft:
Die deutschsprachige und europäische Politik und Wirtschaft sind für den absehbaren Wandel leider nicht nur nicht gerüstet, schlimmer: sie haben unwiederbringlich Ressourcen
beerdigt und investieren seit vielen Jahren völlig ungenügend bis nichts in die Gestaltung des Wandels, vorrangig zu wenig in Bildung, Forschung und Kommunikationskompetenz zur Beherrschung der globalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Zum volks- und finanzwirtschaftlichen Fiasko kommt das strategische Manko durch Beratungsresistenz oder Beraterinkompetenz. Die traditionelle Medienwirtschaft verliert weiter an Substanz und Märkten und ist nicht mehr den neuen handwerklichen Anforderungen und den medialen Möglichkeiten gewachsen, sie findet wiederum immer weniger Lehrkompetenz.
Die Welt drängt überdies nicht mehr zu deutschsprachigen Messestandorten, die klassischen IT-, Medien- und Corporate Media-Messen gibt’s nicht mehr oder sie können ihre Hallen nicht mehr füllen; und solche, die noch leben, wechseln jährlich die Konzepte und Hauptzielgruppen oder vermischen Konsumer- mit Wirtschaftsadressaten, -produkten und -interessen. Vorneweg die ehemalige Weltleitmesse CeBIT, die vermutlich gut beraten wäre, die Wiedervereinigung mit der Industriemesse Hannover zu suchen und Zukunftsmarketing zu betreiben. Die neue digitale Medienwelt hat weltweit beigetragen, eine Kommunikationskultur zurückzufahren, die nicht substituiert wurde. Waren in „guten“ Zeiten noch mehr als 100 Weltleitunternehmen am hiesigen Messestandort in Pressekonferenzen präsent, sind es heute meist weniger als ein Zehntel. Nach Verabschiedung von der Auge-zu-Auge-Kommunikation ist der Kommunikationserfolg und die Unternehmensbindung mit Mails, Internet und Social Networks quasi nicht mehr gestaltbar. Eine Entwicklung mit weltweiter Auswirkung. Auch Wirtschaftskommunikation funktioniert – wie sonstige personale Kommunikation – nur mit verlässlichen Kulturtechniken und Werten. Erste wenige Unternehmen der Kreativwirtschaft und der druckenden und filmenden Medienwirtschaft, die zuletzt fast auf jede Sau setzten, die durchs nationale Mediendorf getrieben wurde, beginnen wieder nach den Belangen und Interessen der Wirtschaftskommunikation zu fragen, auf Kommunikationsakzeptanz zu achten, ihre Auftraggeber mitzunehmen und ihr Vorgehen zu entschleunigen. Über Daten von Menschen und Unternehmen zu verfügen, genügt nicht mehr! Langsam werden wieder Menschen gefragt, die es wiederzugewinnen gilt.
Der Weg zu intelligenteren, transparenteren, interessengenaueren und informationsdemokratischen Plattformen ist lang – aber gewollt, so die Schlussfolgerung des Sprechers der Fachvereinigung der Medienberater aus einer Vielzahl neuer Erkenntnisse und Studien. Nicht jeder diesbezüglich tätige Medienvertreter ist da auf dem neuesten Kompetenzstand. „Sie wissen ja selbst, noch einmal schlafen und die Zukunft ist da … und dann immer oben auf der Welle schwimmen“.

Medienexperte Erhart von Ammon, Amoeba, zur Entwicklung der digitalen Kommunikation:
Wer die Herkunft der digitalen Kommunikation und der Multi-Channel-Kommunikation im B2B- und B2C-Sektor kennt und bei Corporate Media die Entwicklung der Medienlösungen beobachtet und analysiert, sieht, dass einige erste Adressen der Wirtschaft längst schneller sind als die Medien- und Kreativwirtschaft, und dass Medienhochschulen häufig noch mehr hinterherhinken.
Digitale Kommunikation … und wie es weitergeht
© Erhart von Ammon, Zürich 2.2010. Cell +41 79 355 77 00,
vonammon@amoeba.ch

Digitale Kommunikation … und wie es weitergeht
- Zielgruppen Cluster stimmen nur noch bedingt …
es kommt zu one-to-one Marketing und weitgehender Personalisierung - Erkennen, dass der Benutzer einer Information nicht schneller lernt als zuvor … er hat oft Probleme, Schritt zu halten
- Mit dem Kunden kommunizieren, wenn er es will, über das Medium, das er benutzt, zu der Zeit, die ihm passt, und mit dem Inhalt, den er möchte … und nicht weiter nur einseitig senden!
- Analoge oder digitale Prozesse optimieren und auf das neue Trägermedium, den Kanal nicht nur kopieren … sondern Multi-Kanal-Konzepte entwickeln und Cross-Media kommunizieren
- Suchen helfen, damit der Empfänger relevante Informationen bekommt … und dazu Taxonomien entwickeln und Verschlagwortung
- Vom Adressaten lernen – offline und online / analog und digital … und nicht auf Mobil Channel, Statistik, Social Media und Targetting verzichten.

vonammon@amoeba.ch
Medienexperte Thomas Steffen, DSW21, zum viral-bakteriellen Marketing:
Guerilla-Marketing, und dazu zählt virales Marketing, ist nichts anderes als der Versuch, mit wenig Kohle viel Feuer zu machen. In der wirklichen Welt – ja die gibt es noch – geht man dann üblicherweise gewisse Risiken ein. Wer sein Logo auf Hauswände sprüht, begeht Sachbeschädigung. Ein entsprechendes Reinigen von Bodenplatten, aus denen dann plötzlich der Name einer Schuhmarke erstrahlt, ist dagegen ein echter Guerilla-Schachzug.
Während sich viele Internetseiten und ganze Agenturen rühmen, zu wissen, wie virales Marketing funktioniert, ist der Bereich bakterielles Marketing im deutschen Netz nur als Anekdote im Portal Bürgeruni zu googeln. Nur im Englischen ist das Wort mal aufgebracht worden. Witzigerweise wieder in Bezug auf Spiele – auf der Plattform Gamasutra.com wird das Spiel „Reset Generation“ von Nokia so bezeichnet. Scott Foe, der Entwickler:
“We should consider it ‘bacterial marketing,’ not ‘viral marketing’ because it should be passed on by using it, by giving it to others to use."
Als DSW21 mit der Universität Rotterdam die Herzvorkommen-Kampagne plante, gab es drei wichtige Punkte: man darf keine Lügen verbreiten – siehe Lonelygirl15 – und nicht zu viel von den Nutzern erwarten (weitergeben, selber machen) und es gibt nur dann eine andauernde Wahrnehmung, wenn der Inputgeber aktiv bleibt – Tote übertragen keine Masern. Denn im Gegensatz zu den medizinischen Viren und Bakterien, denen wir eine gewisse Aggression unterstellen, sind unsere verbreiteten Inhalte harmlos. Sie richten keinen Schaden an und bedürfen nicht einmal des Abhustens. Ignorieren reicht aus, sie zu killen. Wahrnehmen ist schon hohe Kunst, Weitergabe wäre traumhaft.
Es gibt ein paar Dinge, die einem die Wissenschaft trotzdem schon sagen kann: Es gibt eine Markenbildung in den sozialen Netzwerken, das müssen aber nicht die alten Marken sein, die hier wieder das Rennen machen. Alle sozialen Netzwerke basieren auf persönlicher Kommunikation und Menschen. Eine Marke, eine Agentur kann dieses Personifizieren meist nicht leisten. Diese Authentizität ist es, die es erfolgreich machen kann. DSW ist bei der Masterlösung „Herzvorkommen nach diesen Vorüberlegungen zu folgenden Handlungen gekommen: Die Hauptnetze bei dem Projekt „Herzvorkommen“ sind youtube und myspace. Das soziale Netzwerk verleitet vielleicht zu der Annahme, man könne mit wenig Geld und kleinen Aktionen groß ins Gerede und damit auch groß raus kommen. Das Gegenteil stimmt. Statt Werbebotschaften abzusetzen betreibt man nun Kommunikation mit Menschen, müssen Geburtstage und Empfindungen beachtet werden, man sollte erreichbar sein und vielleicht Kritiker und Anhänger verfolgen. Social-Network-Marketing bedarf der Kenntnis und/oder der Moderation verschiedener akademischer Disziplinen. Da sehen Lehre und Forschung, Dünnbrett-Bohrer-Seminarveranstaltungen, die Kreativwirtschaft und mancher Corporate Media- oder Marketingexperte noch etwas alt aus.

Medienexperte Herbert F. Schulze, mcom research GmbH, zu Apple, Apps & Konsorten:
Der Weg zur App-Kreation und App-Verwendung muss keineswegs mehr über die Stores von Apple, Google, RIM etc. führen, es geht auch mit dem cms "mc3" und anderen Lösungen.
Apple’s neue Macht basiert auf inzwischen überholten Techniken der heutigen Innovatoren aus China, Korea, Taiwan und anderen Drittländern. Kein Wunder, dass zeitgleich längst schlüssigere und preiswürdigere Pad-Angebote montiert werden. MACs, iPod, iPad- und iPhone waren zweifellos sexy und völlig überteuerte, in der Kreativwirtschaft verherrlichte Produkte. Während Markenbildung, Design und anwendungsnähere Handhabung die angeblich notwendige Preisgestaltung begründeten, verlangt Apple heute für die Verwendung der Apps-Software-Strukturen und die Abwicklung über eigene Rechner eine derartige Ausschließlichkeit, die auch deshalb kritisch bewertet werden muss, weil sie zumeist zusätzlich über Apple-Server laufen. Von Bahn, Bauer, Bild, BMW, Boss bis Burda und vielen mehr: Alle sind dem App-Geschäftsmodell – vermutlich ziemlich gedankenlos und in Erwartung, Umsatzeinbrüche zu kompensieren – gefolgt. „Der Computerkonzern Apple kontrolliert seine Plattform für das iPhone mit eiserner Hand“, schrieb auf einen Apple-Eingriff bei der Bildredaktion die taz in ihrer Ausgabe vom 08.01.2010. Was sich diese Unternehmen und jeder Nutzer antun, wird selten erörtert, jedoch nehmen in den letzten Monaten und Wochen mit Einführung des iPad die Diskussionen zu. Dabei geht es oft um „Ahnungen“, nicht aber um die Erkenntnis von Tragweite. Dabei gibt es jetzt völlig alleinstehende oder kompatible und elegante Apps-Programme, die ohne zusätzliche Entwicklungskosten professionell erstellt und auf eigenem Serverzugang betrieben werden können – garantiert frei von fremden Durchgriffsmöglichkeiten auf vertrauliche Personen- und Projektdaten und ggfs. frei zu allen Verbindungen von Apple, Google, Microsoft und Co. Medienexperte Herbert F. Schulze von der mcom research gmbh, selbst Innovationspreisträger und „Member of the European Masterclass“ erläuterte detailliert die technischen Standards und Optionen und zeigte den Medienexperten den neuesten Stand unabhängiger funktionierender Lösungen für große Wirtschaftsunternehmen, die offensichtlich ebenso wenig ihre Seele verkaufen wollen, wie die ihrer Mediennutzer. Wer mehr wissen möchte:
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Medienexperte Jürgen Faust, Faust-Medien, Einschätzung:
Seit dem iPhone, im Zusammenspiel mit intelligent gemachten Apps, kann man auf breiter Basis erkennen, welche Chancen in der Medienkommunikation und der App-Idee noch stecken. Einfach zu bedienende Interfaces sind ein Segen für mediengestützte Kommunikationslösungen, ganz besonders auf unserem Gebiet: Corporate Media. Und die Frage der Gelehrten: 'Was ist besser - ein App, welcher Form und Zuordnung auch immer, oder ein angepasster www-Auftritt' muss immer wieder neu gestellt und von uns Medienberatern nach unabhängiger und individueller Prüfung beantwortet werden.

Bildergalerie Corporate Media-Opening 2010
Die Fotos des Corporate Media-Opening 2010 im Kurparkhotel, Bad Dürkheim.